Besuch beim ehemaligen Mittelwellensender Heusweiler

(von Ralf Zech und Thomas Kircher)

Andreas Knedlik von digiandi.de – Das Hörfunkarchiv hatte die SR-Dokumentation „Sendeschluss – Das Ende des Mittelwellensenders Heusweiler“ gesehen. Dies war für ihn Anlass, um kurzerhand mit dem Sendertechniker, Ulrich Michels, Kontakt aufzunehmen. Dieser sagte spontan „JA“ zu einer letzten beeindruckenden Führung an einem besonderen Rundfunk-Koloss.

Andreas besuchte am 17. April 2016 zusammen mit Ralf Zech (UKW-TV-AK) und Thomas Kircher von FM Kompakt den Sender Heusweiler. Nicht selbstverständlich, dass der SR-Techniker, uns an einem Sonntag seine Gastfreundschaft schenkte. Mit über 30 Dienstjahren, war Ulrich Michels der Techniker, mit den meisten Jahren in Heusweiler. Bei dem Rundgang spürte man ihm deutlich an, mit wieviel Herzblut, aber auch Wehmut, er für den Sender gearbeitet und gelebt hat.

Der MW-Sender Heusweiler ging am 23.12.1935 mit dem Programm des Reichssenders Saarbrücken in Betrieb und sendete bis kurz vor Kriegsende im Frühjahr 1945. Schon ein Jahr später setzte zunächst unter französischer Leitung Radio Saarbrücken den Sendebetrieb fort und erhielt alsbald die später bekannte MW-Frequenz 1421 kHz = 211 m. Mit der Rückgliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik 1957 wurde aus Radio Saarbrücken der Saarländische Rundfunk. Dieser litt aufgrund seines kleinen Gebühreneinzugsgebietes unter chronischer Finanznot und startete deshalb am 02.01.1964 die populäre Welle "Europawelle Saar 1421 kHz", um mehr Werbeeinnahmen generieren zu können. Dies gelang auch. Ende der 60er Jahre war die in Heusweiler ausgestrahlte Europawelle Saar dank der schrittweise ausgebauten Leistung das meistgehörte Radioprogramm innerhalb der ARD. Ab 1973 war Heusweiler dann mit einer Leistung von 1200 kW der stärkste Mittelwellensender Deutschlands.

Die Europawelle Saar war zur damaligen Zeit revolutionär im Deutschsprachigen Äther. Die Kombination aus flotter Musik, locker präsentiert von Diskjockeys, war absolut neu. Dafür nahmen die Hörer gerne den Mittelwellen-Sound in Kauf. Die Europawelle hatte viele Fans, was auch die unglaubliche Hörerresonanz wiederspiegelte: Im Monat erhielt der Sender 7500 Briefe. Viele davon kamen auch aus der DDR.

Namen wie Dieter Thomas Heck, Bernd Duszynski, Torsten Pietkewicz oder auch Manfred Sexauer, Wolfgang Hellmann, Ilona Christen-Kleitz und Hermann Stümpert machten Radio, wie es bis heute unvergessen ist.

 

Sendungen wie der „Brummer-Funk“, „Das Kraftpaket“ oder „Hallo Twen“ waren Vorreiter und sind bis heute legendär. Nicht zu vergessen, die beiden von Dieter Thomas Heck präsentierten Sendungen: „Glücksrad“ und die „Deutsche Schlagerparade“ (Vorbild für die ZDF-Hitparade).

 

Mit der europaweiten 1421 kHz begann auch die Ära der ADAC-Reiserufe (Urlaub mit Musik 23.05 bis 24.00 h in den Sommermonaten).

 

Symptomatisch: Dunkle Wolken über Heusweiler

Am 31. Dezember 2015 wurde dieser geschichtsträchtige Mittelwellen-Sender für immer abgeschaltet. Ein großes Stück Hörfunkgeschichte ging damit zu Ende.

Ab dem Jahr 2016 gibt es keine Verwendung des Geländes. Deshalb wollten wir unbedingt noch einmal diese beeindruckende Anlage sehen, solange die Masten noch stehen.  

Ulrich Michels in seinem Element

 

Die Antenne: Zwei 120 Meter hohe Stahlmasten

 

Die Europawelle wurde bis 1994 über diesen Standort ausgestrahlt. Von 1994 bis zur Abschaltung wurde das Programm des Deutschlandfunks verbreitet.

Auf die Frage an Herrn Michels, wie er den Sendeschluss am 31.12.2015 miterlebte, erinnert er sich traurig: „Ich ging von einer Silvesterparty in`s Auto, um die letzten Sendeminuten mit zu erleben.“ Das „Ende“ zu hören, war für ihn unglaublich emotional und nicht in Worte auszudrücken. „Plötzlich diese Leere… nach einem Leben für und mit dem Sender – ständig die Frequenz und Ausstrahlung im Auge, bzw. Ohr – und dann Ruhe. Absolute Ruhe, für immer auf der 1422 von Heusweiler, das tat weh“.

Eigentlich war der Abriss und die Abtragung des Mastes für 2016 geplant. Jedoch verzögert sich dies, aufgrund einer Prüfung des Mastes, welcher mit einer speziellen Farbe angestrichen ist - in Bezug auf Umweltschutz und fachgerechte Entsorgung.

Faradyscher Käfig über die A 8

Über die in unmittelbarer Sendernähe verlaufende Bundesautobahn A8 wurde in den 1970er Jahren ein Drahtseilnetz zur Abschirmung gespannt, um störende Einwirkungen durch die Antenne zu vermeiden. Man befürchtete den Ausfall der Bordelektronik durch die hohe Feldstärke.

Eine weitere Besonderheit stellte das unterhalb des Senders gelegene Freibad dar, welches einst mit dem Kühlwasser des Senders beheizt wurde. Dieses wurde bereits vor Jahren geschlossen.

Über diesen 50-Meter Masten wurde die Antenne Saar auf 1179 kHz übertragen

Die Antenne Saar war ebenfalls bis zum 31. Dezember 2015 über den Standort Heusweiler on Air. Gesendet wurde mit 10 kW.

Mit diesen Worten verabschiedete sich übrigens der SR vom Standort Heusweiler:

Einst war der Mittelwellensender des SR in Heusweiler einer der stärksten in Europa. Doch Ende 2015 ist Schluss damit - dann wird der Sender abgeschaltet. Der technische und der finanzielle Aufwand für den Betrieb sind zu hoch.

(26.01.2015) Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, KEF, hat entschieden, dass Sendungen auf Mittel- und Langwelle bis Ende 2015 eingestellt werden müssen. Das trifft auch den SR mit seinem Sender in Heusweiler.

Einst war er mit der Europawelle Saar auf dem ganzen Kontinent bekannt. Mittlerweile strahlen nur noch der Deutschlandfunk und der SR das Programm Antenne Saar von Heusweiler über Mittelwelle ab. Doch Ende des Jahres ist endgültig Schluss damit. Die Technik ist überholt.

Quelle. SR

Weitergehende Informationen: http://www.saar-nostalgie.de/SenderHeusweiler1.htm

Am 31.12.2015 ist die Zeit für den MW-Sender Heusweiler stehengeblieben.

Verwendete Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sender_Heusweiler

Bilder: Andreas Knedlik

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