Im kommenden Jahr feiert Peter Graf mit seinem deutschsprachigen Urlaubssender „Radio Europa“ den 40. Stationsgeburtstag. Damit hält Graf gleich mehrere Rekorde. Er betreibt das „älteste deutschsprachige Radio auf den Kanaren“. Radio Europa ist die größte Radiostation auf den Kanarischen Inseln UND es gibt keinen anderen deutschen Sender, der über solch eine lange Zeit unter derselben Leitung bis heute on Air ist!

Peter Graf

Mehr als genug Gründe, um sich mit dem Macher von Radio Europa, Peter Graf, zu unterhalten. Mit ihm sprach Thomas Kircher von FM Kompakt und führte Anfang September 2023 das folgende Interview:  

Herr Graf, wie kamen Sie dazu, im Jahr 1984 ein deutsches Urlaubsradio auf den Kanaren zu starten?

Ich wurde damals von „Globus-Press“ nach Gran Canaria geschickt, weil man hier mit einem Radio, ähnlich wie auf Mallorca, starten wollte. Als ich dort ankam wurde das Projekt verworfen und mir gefiel Gran Canaria auch nicht. Auf der Fähre traf ich einen spanischen Freund, welcher auf Lanzarote ein Restaurant hatte. Er lud mich ein, doch einmal vorbeizuschauen. Dies tat ich und mir gefiel die Insel und die Leute und der Freund stellte mir ein Mini-Büro in seinem Restaurant zur Verfügung.

Also sprach ich am nächsten Tag mit Radio Lanzarote, dem damals einzigen spanischen Sender vor Ort. Und schon hatte ich die erste Stunde angemietet. Radio Europa startete am 15. Juni 1984 auf 90,70 MHz für Lanzarote. Wir starteten unter dem Namen „Radio Tourist Lanzarote“, kurz RTL. Übrigens war das kein Problem, die Kollegen in Luxemburg fanden dies gut. Auch Rainer Holbe fand "mein RTL" bei einem Besuch „richtig cool“.

Wie war der Werdegang von einer Stunde RTL zu 24/7 Radio Europa?

Unser Programm kam gut an und war auch auf Fuerteventura zu hören. Schon zwei Monate später wurden zwei Stunden Programm am Tag gesendet. Hier war noch vieles abenteuerlich, denn die Nachrichten kamen vom Deutschland-Funk via Kurzwellenempfänger, die Musik von Schallplatten und Kassetten. Das war mit viel Handarbeit verbunden! So lief das Programm erfolgreich bis 1986 und von da ab starteten wir mit der Genehmigung auf einer eigenen Frequenz.

Zuvor gab es hier ein ausführliches Gespräch mit dem damaligen Präsidenten der Kanarischen Inseln, Jeronimo Saavedra, welcher in Deutschland studiert hatte und der auch deutsch sprach. Das war von Vorteil. Wir verstanden uns im wahrsten Sinne des Wortes gut und auch die Idee eines deutschen Radios für Urlauber und Residenten kam gut an. So war es nur noch eine Frage der Zeit, dann lief alles auf eigener Schiene!

Anfänglich gab es ein Studio in Puerto del Carmen auf Lanzarote, sogar mit einem großen Schau-Fenster, wo man zusehen konnte, wie das so läuft bei uns.

Die zweite Antenne von RTL/Radio Europa wird auf Lanzarote installiert

Es gab bei uns auch ein Programm in englisch und skandinavisch. Nach und nach kristallisierte sich heraus, dass es besser sei, ein rein deutsches Programm zu gestalten. Dies wurde auch so bis heute eingehalten. Das deutsche Programm versorgten meine damalige Frau und ich. Nachts ab 0 Uhr wurde dann abgeschaltet, später fanden wir auf Gran Canaria einen 10 – CD-Wechsler, der musste dann das Programm übernehmen. Ab 8 Uhr waren wir dann wieder da, glücklicherweise wohnten wir im selben Haus.

Ein weiterer Umzug fand ca. 1990 statt, und zwar in das „Café Journal“, direkt an der Hauptstraße. Zeitgleich änderten wir auch den Namen von RTL in Radio Europa. Auf den Namen kam ich, da zur damaligen Zeit das zusammenwachsende Europa durch wegfallen von Zollgrenzen und einer einheitlichen Währung in aller Munde war.

Später dann zogen wir nochmals um, und zwar ins Hotel Fariones. Hier fanden wir in einem im Café integrierten Glas Pavillon, einen ganz besonderen Platz. Auch hier gab es viel zu sehen und hören, bei Kaffee und Kuchen. Im Frühjahr 2000 wurde das Café aufgegeben, weil die Gäste fehlten. 2005 zog ich dann endgültig nach Teneriffa und seitdem starten wir richtig durch. Es ist einfach wichtig, immer vor Ort zu sein.

Das Telecom Radteam mit Jan Ullrich signiert Radio Europa Werbung

Sie haben viele Sender kommen und gehen gesehen, viele waren nur ein paar Wochen, maximal einen Sommer, aktiv. An was liegt es, dass andere so schnell wieder aufgeben?

Wir haben oft gehört, das können wir besser und wir machen es euch vor. Jedoch gehört viel Durchhaltevermögen dazu und auch Werbekunden, welche zu einem halten. Und auch viel Verzicht auf Privates.

In fast 40 Jahren gibt es sicher viele Höhen, aber auch Tiefen. Dachten Sie einmal daran, den Sendebetrieb einzustellen?

Klar scheint nicht immer die Sonne, aber aufgeben war nie meine Devise. Gerade als Corona begann, hatten wir das Schiff mit voller Kraft am Laufen, dann ging das Telefon und es gab Kündigungen von Werbeverträgen. Da wir jedoch immer ein sparsames Konzept bei den Kosten hatten, hielten wir uns gut über Wasser. Dank unseres kleinen und zuverlässigen Teams von insgesamt sechs Mitarbeitern sind wir auch über Krisenzeiten gut hinweggekommen. Unser Vorteil nach so viel Jahren ist die Vernetzung. Das heißt, wir werden immer mit Beiträgen und Informationen versorgt, müssen also keine Außenreporter auf Standby halten. 

Heutzutage sendet Radio Europa für die alle Kanarischen Inseln. Wie war die Entwicklung dieses beeindruckenden Sender-Ausbaus? 

Kontinuierlich hatten wir die Frequenzen auf den Inseln über die Jahre ausgebaut, so sind wir das einzige deutsche Radio, welches auf allen Kanaren zu empfangen ist. Radio Europa hat 22 FM- und 6 DAB-Frequenzen. So hört man uns weitgehend in nahezu jedem Ort. Unser Techniker bereitet weitere vor, bald kommt Lanzarote und Fuerteventura dran. Wir haben übrigens auf allen Inseln einen Techniker, welcher sich bei Bedarf um die Anlagen kümmert. 

Standort Gran Canaria

Sie hatten viele Studiogäste. Dabei auch die Stars und Sternchen kennengelernt. Was sind Ihre besonderen Erinnerungen?

Klar gab es auch Studio Gäste, insbesondere auf Lanzarote, als das Studio in unserem Café war. Von vielen, wie Frank Schröder, blieb Dieter Thomas Heck in Erinnerung, er hatte sich mit der Zeit vertan und gab uns dann die Schuld. Aber dann lief alles prima….

Auch Günter Strack hat uns des Öfteren besucht, auch Mark Marshall und Jay Alexander waren da und Johnny Hill oder Schauspieler Harald Effenberg. Mit Sepp Viellechner, dem bayerischen Volksmusiker, verband uns sogar eine mehrjährige Freundschaft. Auch Ingrid Peters hat uns besucht. Die Liste ist lang und jeder Besuch hat eine ganz besondere Erinnerung und Geschichte.

 

Frank Schröder im Studio von Radio Europa

In 40 Jahren hat sich viel geändert - nicht nur die Technik, sondern auch, dass viele Sender in Deutschland gleich klingen. Was hat sich bei Radio Europa verändert - wie empfinden Sie Radio in Deutschland? 

Es hat sich viel geändert am Sound an der Abspielmöglichkeit, so geht heute alles über den Computer und per Streaming. Auch bei uns sind zwischenzeitlich alle Programme automatisiert. Dennoch achten wir auf eine angenehme Musikauswahl, denn wir sprechen Hörer von 25 bis 95 an. Da kann man nicht immer dieselbe Musikrichtung spielen. Auch möchten wir nicht wie in Deutschland arbeiten. Viele Hörer in Deutschland schalten uns per Internetradio ein, besonders wenn sie sich an ihren Urlaub auf den Kanaren erinnern möchten. Bei uns gibt es viele Beiträge von den Inseln und aus aller Welt. 

Was sich jedoch nicht geändert hat: Radio Europa ist beraterfrei! Das heißt, wir arbeiten nach unseren Erfahrungswerten, natürlich nehmen wir auch Tipps gerne an.

Verraten Sie uns ein paar Details rund um Radio Europa

Besonders beliebt sind unsere lokalen Nachrichten, die vielen Informationen und Veranstaltungshinweise rund um die Inseln, natürlich das Wetter, aber auch unser „Spanisch-Kurs“ wird gern gehört. Ganz am Anfang gab es verschiedene Sprachen bei uns, jedoch hat sich dies nicht bewährt.

Wir senden heute rein vorbereitete Programme und strahlen aus Kostengründen keine Live-Sendungen aus. Unsere Werbung wird intern abgewickelt, wir machen das alles in Eigenregie und ohne Agentur. Übrigens haben alle Sender wie Teneriffa, Gran Canaria und Lanzarote eigene Streams. Das liegt an der unterschiedlichen Programmgestaltung, der Werbung und dem Lokalcolorit. In der Musikrotation befinden sich derzeit je nach Insel zwischen 12.000 und 15.000 Titel! Daher auch die Vielfalt unserer Musikfarbe.

Ein wichtiges Bindeglied ist neben unserer Webseite auch unser Facebook-Auftritt. Beides wird oftmals täglich aktualisiert.

Haben Urlauber noch ein Radio im Gepäck?

Durchaus, zumindest hat jeder ein Handy dabei und die meisten können darüber ja auch Radio hören. In vielen Hotelanlagen und in den Appartements gehört ein Radio zur Ausstattung dazu. Hinzu kommen die Radiogeräte in den Mietwagen. Doch nicht vergessen: Wir sprechen natürlich auch die vielen deutschsprechenden Residenten auf den Kanaren an. So haben wir auf allen Inseln mehr als 160.000 Hörer!

Neben Radio Europa betreiben Sie auch das Schlagerradio

Das Schlagerradio gibt es schon seit knapp 15 Jahren auf Teneriffa auf den drei Frequenzen: 96.5 MHz - 88,3 MHz - 92.00 MHz. Auch im Süden von Gran Canaria ist das Schlagerradio zu hören, auf 105,3 MHz.

Neben zwei Radiosendern betreiben Sie auch noch das Insel-Magazin. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Richtig, das Insel-Magazin gibt es jeden Monat mit 56 Seiten und einer Auflage von 15.000 Stück im Verteiler. Gratis! Die Idee ist nicht so neu, das gab es schon einmal auf Lanzarote und hier jetzt seit 3 Jahren mit großem Erfolg.

Ihre schönste Radio-Erinnerung

Das war der Besuch der Gorch Fock auf Lanzarote mit dem Live Programm im Morgenmagazin der ARD, da was los, wir erinnern uns noch heute sehr gerne daran …

Besonders, als wir mit dem Schiff auslaufen durften. Das Lotsenboot sollte uns wieder zurückbringen, hat uns aber vergessen und so durften wir das Hissen der Segel miterleben und bei voller Fahrt mit der Strickleiter auf das Boot herunterklettern.

 

 Die Gorch Fock im Oktober 1994 vor Arrecife

Wenn Peter Graf sich eines Tages zur Ruhe setzt – wie geht es dann mit Radio Europa weiter?

Ja, das ist so eine Frage????

Herr Graf, vielen Dank für das Interview – hoffen wir, dass sich diese Frage nie stellt. Wir wünschen Ihnen beste Gesundheit!

 

Thomas Kircher, FM Kompakt

Bilder-Copyright: Peter Graf/Radio Europa

Teneriffa, Gran Canaria, Lanzarote mit Fuerteventura und den kleinen Inseln.

Teneriffa:
102.3 FM, 88,0 FM 89.6 FM, 88.5 FM, 88.3 FM, 106.8 FM und 92.00 FM

Gran Canaria:
104.00 FM und 105.3 FM

Lanzarote und Fuerteventura:
102.5 FM und 106.2 FM

Weiterführende Links:

Webseite Radio Europa

Facebook-Auftritt Radio Europa

Insel Magazin - Das deutschsprachige Magazin für die Kanaren

 

 

www.fmkompakt.de

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