Außergewöhnliches multikultureller Sender

Das Logo von Radio Agora im österreichischen Kärnten nimmt auch Bezug auf die leistungsstärkste Frequenz 105,5 MHz, die fast in ganz Kärnten hörbar ist - Bild: Radio Agora

 

Radio Agora von Thomas Riegler 

Radio Agora ist eine Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Radiolandschaft. Zum Einen ist es ein freies Radio, zum Anderen ein Minderheitensender, bei dem auch der ORF mitwirkt. Zudem ist es nicht nur der einzige nichtkommerzielle Radiosender Kärntens, sondern auch der mit der größten flächenmäßigen Ausdehnung und den meisten Senderstandorten in Österreich. Alleine in Kärnten wird das Programm über neun Sendeanlagen ausgestrahlt. Darunter auch der Grundnetzsender Dobratsch bei Villach, mit einer Leistung von 10 kW. Drei weitere Kleinleistungssender versorgen slowenischsprachige Regionen in der Steiermark. 

Radio Agora nahm seinen Sendebetrieb am 26. Oktober 1998 auf. Genau genommen, reicht die Geschichte des Senders aber bis 1990 zurück. Schon damals nutzte der Verein Agora, der noch heute hinter dem Sender steht, ein slowenischsprachiges Programm aus dem benachbarten Italien nach Kärnten zu senden. Andere „österreichische“ Privatsender machten es ja schon vor, in dem sie über Sendeanlagen, teils nur wenige Meter hinter der Staatsgrenze von Italien nach Österreich funkten. Der bekannteste Vertreter dieser Stationen war Radio Uno.

1990 war Agora auch einer der fünf Beschwerdeführer, die beim Europäischen Gerichtshof Beschwerde gegen das damals noch aufrechte österreichische Rundfunkmonopol eingebracht und somit dessen Fall wenige Jahre später mit ins Rollen gebracht hatten.

Nachdem sich 1997 neben dem Verein Agora, auch ein kommerzieller Radioveranstalter die slowenische Minderheit im Visier hatte, gründeten beide eine Gesellschaft, um sich gemeinsam um eine Sendelizenz zu bemühen, die sie 1998 zugesprochen bekommen hatten. Wobei jeder der beiden Gesellschafter für je 12 Stunden Programm verantwortlich zeichneten. Nachdem sich der Partner Radio Korotan zurückgezogen hatte, ist Radio Agora seit 2011 alleiniger Besitzer der Sendelizenz.

Studio von Radio Agora. Von hier werden täglich vier Stunden mehrsprachiges Programm ausgestrahlt

 

Zusammenarbeit mit dem ORF

 

Bereits 2001 wurde, vorerst im Rahmen eines Pilotprojekts, eine Kooperation mit dem ORF zur Gestaltung eines gemeinsamen slowenischsprachigen Tagesprogramms unter dem Namen Radio Dva gestartet. Abends und nachts gestaltete Radio Agora ein zwei- und mehrsprachiges Programm. Nachdem das Pilotprojekt Ende 2002 beendet wurde, gestaltete man bis zu einer neuen, 2004 geschlossenen Übereinkunft, dennoch weiter das gemeinsame Tagesprogramm. Am Ende lag die Fortführung auch im Interesse des ORF, der seit Januar 2002 gesetzlich verpflichtet war und ist, ein angemessenes Programmangebot für anerkannte Minderheiten anzubieten. Wobei ihm auch eine Zusammenarbeit mit privaten Anbietern ausdrücklich gestattet wurde. Auf diese Weise entstand bei Radio Agora eine Kooperation, wie sie in ganz Europa einmalig ist.

 

Radio Agora heute

 

Genau genommen verfügt Radio Agora über eine doppelte Programmstruktur. Zwischen 6 und 18 Uhr wird gemeinsam mit dem ORF Landesstudios Kärnten und Steiermark ein primär slowenischsprachiges Tagesprogramm gestaltet. Für acht Stunden, konkret zwischen 6 und 10, 12 und 13, sowie zwischen 15 bis 18 Uhr, zeichnet der öffentlich-rechtliche ORF mit seinem Programm „ORF slovenski spored“ (slowenisches Programm) verantwortlich. Auch außerhalb dieser Zeiten steuert er im Tagesprogramm Nachrichten bei.

Die restlichen vier Stunden während des Tages strahlt Radio Agora ein eigenes zweisprachiges Programm aus. Wobei sich das Verhältnis zwischen slowenisch- und deutschsprachigen Inhalten bei etwa 60 zu 40 Prozent bewegt.

Auch wenn Agora und der ORF ihre Inhalte über das Sendernetz von Radio Agora ausstrahlen, so werden die Inhalte von beiden vollkommen unabhängig voneinander gestaltet. Freilich kennen sich die Radiomacher in beiden Redaktionen und sind auch freundschaftlich miteinander verbunden. Dennoch kann jeder machen, was er will. Während der ORF während seiner Sendezeit, stark vereinfacht ausgedrückt, in etwa eine slowenische Version von ORF Radio Kärnten veranstaltet, sind die Macher von Radio Agora bestrebt, den Zuhörern Sendungen mit Tiefgang zu präsentieren. Sich ausführlich den Themen der Zeit zu widmen und auch vertiefende Hintergründe zu bieten, eben, qualitativ hochwertiges und anspruchsvolles Radio zu machen, das ist die große Leidenschaft des Senders, der mit seinem elfköpfigen Stammteam wahrlich beachtliches auf die Beine stellt.

Radio Agora ist nichtkommerziell und somit absolut frei von Werbung und selbstverständlich auch unabhängig von politischen Parteien und religiösen Institutionen. Den einzigen, denen sich somit der Sender verpflichtet fühlt, sind seine Hörer und Hörerinnen. Für sie geben acht fixe Redakteure und rund 90 ehrenamtliche Sendungsmacher ihr Bestes und sorgen Tag für Tag für ein abwechslungsreiches informatives und unterhaltendes Programm. Für Abwechslung und Vielfalt ist gesorgt und als Hörer darf man sich freuen, immer wieder mit Neuem überrascht zu werden.

Die Studios von Radio Agora sind in einer ruhigen Wohngegend im Norden der Kärnter Landeshauptstadt Klagenfurt untergebracht

Freies Radio 

Zwischen 18 Uhr und Mitternacht übernimmt Radio Agora die Funktion eines klassischen freien Radios. Hier werden am Radiomachen interessierte nicht einfach unvorbereitet aufs Mikrofon losgelassen, sondern man bietet den Interessenten Schulungen an, bei denen ihnen alles beigebracht wird, um künftig selbst eigenverantwortlich Sendungen produzieren zu können. Eine Maßnahme, von der alle profitieren und die man auch an der Qualität der ausgestrahlten Sendungen hört. Auch während der Sendestunden des freien Radios dominiert die sprachliche Vielfalt. Manche sind nur in Deutsch, andere nur in Slowenisch, wieder andere mehrsprachig, oder in Englisch, Polnisch, Russisch und weiteren Sprachen. 

Nachtschiene 

Während der Nachtschiene zwischen Mitternacht und 6 Uhr am Morgen, wird, wie auch von anderen Sendern quer durch Europa gewohnt, nur Musik von der Festplatte gespielt. Wobei auch hier gilt, dass andere Musik gespielt wird, als man sonst überall zu hören bekommt. Damit überrascht Radio Agora auch während der Nachtstunden. 

Musik 

Radio Agora ist es alleine wegen seiner Musikauswahl wert, eingeschaltet zu werden. Üblichen Mainstream bekommt man hier genauso wenig zu hören, wie deutschen oder slowenischen Schlager. Dafür vor allem Titel, die man sonst im Radio kaum hört. Die Palette reicht von bei uns unbekannten slowenischen Interpreten mit absolut hörenswerten Aufnahmen, über deutschsprachige Gruppen, die über Radio Agora einen größeren Hörerkreis erreichen, bis hin zu Weltmusik. Natürlich finden, vor allem auch während der Abendstunden, die freien Radiomachern offen stehen, auch alle erdenklichen Musikrichtungen Berücksichtigung. Womit man so richtig weit entfernt von einem Formatradio ist. 

Wie viele Hörer? 

Die technische terrestrische Reichweite von Radio Agora liegt bei rund 600.000 Personen im Sendegebiet. Wie viele den Sender einschalten, weiß man nicht. Sehr wohl aber weiß man, dass die Zuhörerschaft zwischen rund 20 und 80 Jahren alt ist. Über den Livestream erreicht man 3.600 regelmäßige Hörer. 

Fazit 

Radio Agora ist schwer zu beschreiben, da es sich in keine Schublade stecken lässt. Vielfach wird es „nur“ als Minderheitensender für die slowenische Minderheit im Lande wahrgenommen. Tatsächlich wendet sich der Sender aber auch genauso an die deutsch sprechende Mehrheit und hat für alle viel mehr zu bieten, als man zunächst glauben würde. Sich mit dem Sender zu beschäftigen, zahlt sich jedenfalls aus. Selbst wenn man nicht Slowenisch spricht, kann der Sender mit viel für uns neuer Musik, begeistern.

 

Thomas Riegler

Foto: Peter Faust 

 

Slowenische Minderheit 

Nüchtern betrachtet fällt es schwer, in Kärnten von einer Minderheit zu sprechen. Denn in der Region hat sich das Slawische mit dem Germanischen über die Zeiten hinweg vermischt. Eine klare Trennung beider Sprachen und Kulturen gibt es somit vielfach nicht. Viele Menschen in der Region fühlen sich zu beiden Volksgruppen zugehörig. Man spricht perfekt Slowenisch wie Deutsch. gerade das macht es auch schwierig, die Größe der slowenischen Minderheit in Kärnten zahlenmäßig zu erfassen. Sie sind vor allem im Südosten des Bundesland beheimatet und stellen rund 10 bis zu 30 Prozent der Bevölkerung in den einzelnen Gemeinden.

 

Im Mai 2025 besuchten Leser des Medienportals FM Kompakt Radio Agora in Klagenfurt - über das Freie Radio verfasste Thomas Riegler für die Fachzeitschrift DIGITAL FERNSEHEN ein Portrait. Für die freundliche Bereitstellung dieses Beitrages Danke an die DIGITAL FERNSEHEN und den Autor Thomas Riegler. Inhalt und Bilder unterliegen dem Copyright!

((Links)) 

https://www.agora.at/home/

Homepage von Radio Agora

 

 

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